Potsdam, 06.10.2023. Man kann über jeden Menschen einen spannenden Spielfilm machen – sagte Andreas Dresen, der Potsdamer Regisseur und bringt damit seine Haltung zum Leben zum Ausdruck: „Gewöhnliche Leute“ mit allen ihren Leidenschaften, in ihrer Unvollkommenheit stehen im Fokus seiner Geschichten. Es sind Menschen, die suchen, scheitern, besiegen, innere und äußere Mauern überwinden müssen, Gefühle zeigen und angesichts unüberwindbar scheinender Hindernisse mitunter ganz und gar ungewöhnliche, geradezu heldenhafte Kräfte entwickeln.
Zehn Schlüsselfilme aus seinem 50 Werke umfassenden Oevre bilden das Rückgrat einer Sonderausstellung im Filmmuseum Potsdam „Voll das Leben! Andreas Dresen und Team“, die an diesem Freitag eröffnet wurde.
Andreas Dresen wird als Regisseur von Spiel- und Dokumentarfilmen, wie auch für seine Theater- und Operninszenierungen national und international gewürdigt. Dresens Wurzeln liegen in der DDR, aufgewachsen ist er in Schwerin. Als Sohn eines Theaterregisseurs und einer Schauspielerin bringt er bereits in jungen Jahren einige mit der Filmkamera AK- 8 gedrehte Amateurfilme zur öffentlichen Vorführung und tourt mit ihnen über die Campingplätze der Republik. Mitte der 1980er Jahre kommt er nach einem Volontariat bei der DEFA, dem volkseigenen Filmunternehmen der DDR, für ein Regiestudium an die Babelsberger Filmhochschule. Sein Hauptprüfungsfilm „So schnell es geht nach Istanbul“, prämiert 1991 auf der Berlinale, etabliert aus der Sicht einer migrantischen Figur in Berlin eine doppelte Außenperspektive auf ostdeutsche Realitäten.
Seine Filme führen an reale und fiktive Schauplätze in Brandenburg, Berlin oder Washington und verorten sich häufig in der jüngeren Zeitgeschichte. Ihre Themen sind dabei so vielfältig wie universell: Arbeitswelten und persönliche Träume, Liebe und Tod, Kunst und Gesellschaft, Gerechtigkeit und Demokratie.
Sein Diplom- und Debütfilm „Stilles Land“ (1992) spiegelt unmittelbar Erfahrungen aus der Wendezeit. Seit den 1990er Jahren stellt er sich mit seinen Filmen bewusst gegen ein konfektioniertes, wirklichkeitsfernes Mainstreamkino – und trifft mit „Nachtgestalten“ (1999) und „Halbe Treppe“ (2002) den Nerv eines breiten, auch internationalen Publikums. Gerade weil ihn formale Perfektion um ihrer selbst willen nicht interessiert, sein Fokus auf den Figuren und ihren Konflikten im sozialen Kontext liegt und er sie so genau, aufrichtig und glaubwürdig in Szene setzt, dass die Zuschauerinnen und Zuschauer sich in ihnen wiedererkennen, verehren sie die Filme des Regisseurs. Mit „Gundermann“ (2018) und „Rabiye Kurnaz gegen George W. Bush“ (2022) manifestiert der Wahl-Potsdamer Andreas Dresen seine Stellung als einer der bemerkenswertesten gesamtdeutschen Filmregisseure.
Andreas Dresens Schaffen verortet sich in der Tradition und im Erbe der DEFA, was sich unter anderem in der direkten Zusammenarbeit mit DEFA-Größen wie seinem Mentor und Regisseur Günter Reisch sowie dem 2022 verstorbenen Drehbuchautor Wolfgang Kohlhaase zeigt. Das Filmteam um Andreas Dresen ist relativ konstant und besteht aus Gleichgesinnten vor und hinter der Kamera. Dazu zählen Produzent Peter Hartwig, Drehbuchautorin Laila Stieler, Szenenbildnerin Susanne Hopf, Kostümbildnerin Sabine Greunig und die Kameramänner Andreas Höfer und Michael Hammon.
Neben seiner künstlerischen Arbeit, die auch hochgelobte Theater- und Opernarbeiten umfasst, und seinem beruflichen Engagement investiert Dresen immer wieder Zeit und Kraft in zivilgesellschaftliche Aufgaben, etwa als Verfassungsrichter im Land Brandenburg. Er wurde mehrfach mit dem Bundesverdienstkreuz ausgezeichnet. Als Sänger und Gitarrist tourt er gemeinsam mit Schauspieler und Sänger Alexander Scheer und Band durch das In- und Ausland, trägt die Songs von Gerhard Gundermann, Rio Reiser und Giesbert zu Knyphausen weiter und interpretiert sie neu.
Die Sonderausstellung „Voll das Leben! Andreas Dresen und Team“, kuratiert von Ugla Gräf, wird als begehbare Collage inszeniert und stellt zehn Schlüsselfilme als die Ergebnisse kollektiver Kreativität in den Vordergrund. Ein zentrales Ausstellungsthema ist die für Andreas Dresen so wichtige Team- bzw. Ensemble-Arbeit. langjährige Mitarbeitende und Freundinnen und Freunde werden gewürdigt. Neben biographischen Stationen erhellt die Ausstellung Arbeitsprozesse zwischen Drehbuch und letztem Drehtag.
Die Ostdeutsche Sparkassenstiftung unterstützt deshalb gemeinsam mit der Mittelbrandenburgischen Sparkasse die Ausstellung, die noch bis Ende 2024 zu sehen sein wird.
Im Foyer des Filmmuseums wird zudem eine Ausstellung mit Plakaten von Andreas Dresens Filmen zu sehen sein.
Ein umfassendes Film- und Vermittlungsprogramm begleitet die Ausstellungen.