Ein Ort für ostdeutsche Fotokunst

Viele denken bei Kunst aus der DDR zuerst an Malerei – und an männliche Künstler.
Doch das ist höchstens die halbe Wahrheit, wie das Evelyn Richter und Ursula Arnold Archiv zeigen.

Leipzig war und ist auch ein Zentrum der künstlerischen Fotografie – und hier sind es vor allem Künstlerinnen, die sich international einen Namen gemacht haben. Zu ihnen zählen die mit 91 Jahren im Oktober verstorbene, gebürtige Bautzenerin Evelyn Richter und Ursula Arnold, die 1929 in Gera geboren wurde und 2012 in Berlin starb. Beide lernten sich an der Leipziger Hochschule kennen und gründeten mit anderen jungen Fotografinnen und Fotografen 1956 die Gruppe „action fotografie“. Die Mitglieder wandten sich gegen die vorgeschriebene Bildsprache der DDR, gegen Bevormundung und Intoleranz. Sie wollten ihren Alltag und den ihrer Mitmenschen ehrlich und authentisch dokumentieren. Aus diesem Engagement entstanden dann, so wissen wir heute, Fotografien von großer künstlerischer Kraft und historischer Wahrhaftigkeit.

„Ohne Evelyn Richter, ihren genauen Blick – der aber nie voyeuristisch war, sondern immer menschlich geblieben ist – wäre die deutsche Fotografie um eine entscheidende Stimme und Handschrift ärmer. Wer heute wissen will, wie es in der DDR war, braucht sich nur ihre Fotografien anzusehen. Am besten mit etwas Muße, denn sie erschließen sich nicht mehr ganz so schnell wie in der Zeit ihres Entstehens. Damit dies auch weiterhin für eine breite Öffentlichkeit möglich sein wird, haben wir 2009 das ,Evelyn Richter Archiv der Ostdeutschen Sparkassenstiftung im Museum der bildenden Künste Leipzig (MdbK)‘ gegründet“, so Dr. Michael Ermrich, Vorsitzender des Vorstandes der Ostdeutschen Sparkassenstiftung.

2016 wurde das Archiv mit dem Nachlass von Ursula Arnold um eine zweite wichtige Stimme der sozial engagierten künstlerischen Fotografie in der DDR erweitert. Dabei bedeutet „Archiv“ nicht nur, dass die weit über 1.000 Werke für die Nachwelt bewahrt und wissenschaftlich eingeordnet und erforscht werden. Die Fotografien reisen als Leihgaben für Ausstellungen an andere Orte und bilden den Grundstock für eigene Ausstellungen. So erst unlängst unter dem Titel „1950-1980. Fotografie aus Leipzig“, in der Werke Evelyn Richters und Ursula Arnolds im Kontext anderer fotografischer Zeugnisse dieser Zeit im MdbK präsentiert wurden.

Dabei ist es Museum und Stiftung ein zentrales Anliegen, die junge Generation an das Medium Fotografie und an die in ihr bewahrte historische Erinnerung mit Hilfe von Mitmachaktionen und museumspädagogischen Programmen heranzuführen.

Die Ostdeutsche Sparkassenstiftung begleitet gemeinsam mit der Sparkasse Leipzig das MdbK seit vielen Jahren. Mit den beiden Archiven wurde der Grundstein für eine völlig neue Kooperation gelegt.