Ein neuer Klimt für Halle

Ostdeutsche Sparkassenstiftung und Stiftung der Saalesparkasse kaufen eine wichtige Zeichnung des „Zauberers aus Wien“ für das Kunstmuseum an

Halle (Saale), 11.06.2019. Mit knapp 90.000 Besuchern ist die im Januar 2019 zu Ende gegangene Ausstellung Gustav Klimt die bisher erfolgreichste Schau des Kunstmuseums Moritzburg Halle (Saale) gewesen. Schon dort zu bewundern war eine Vorzeichnung Gustav Klimts (1862–1918) für das Bildnis der Marie Henneberg, eines der Hauptwerke im heutigen Bestand des Museums. Die Zeichnung war eine Leihgabe der Galerie Wienerroither & Kohlbacher in Wien. Mit Unterstützung der Ostdeutschen Sparkassenstiftung und der Stiftung der Saalesparkasse ist es nun gelungen, diese exquisite Zeichnung dauerhaft für die Sammlungen des Kunstmuseums Moritzburg Halle (Saale) zu sichern und somit den Bestand um ein überaus wichtiges Werk zu erweitern. Damit befinden sich nunmehr 3 der 9 bekannten Vorzeichnungen zum Bildnis der Marie Henneberg im Besitz des Kunstmuseums des Landes Sachsen-Anhalt.

„Die Klimt-Ausstellung war für Sachsen-Anhalt und sein Kunstmuseum etwas Außerordentliches. Einmal mehr ist sichtbar geworden, über welche Potentiale und Attraktivität das Museum verfügt. Wir freuen uns daher sehr, dass es durch die gemeinsamen Anstrengungen und die Unterstützung der Ostdeutschen Sparkassenstiftung und der Stiftung der Saalesparkasse gelungen ist, die Studie zum Gemälde von Marie Henneberg dauerhaft für Halle und das Kunstmuseum Moritzburg zu sichern. Ich bin überzeugt, dass dies auch zu neuer Aufmerksamkeit und Wahrnehmung führen wird“, sagte Dr. Michael Ermrich, Vorstandsvorsitzender der Ostdeutschen Sparkassenstiftung.

„Der Erwerb der Zeichnung stellt eine in dieser Form nicht nur äußerst seltene, sondern darüber hinaus eine quasi zwingende Gelegenheit dar, eine weitere Studie zu unserem Klimt-Gemälde erwerben zu können. 2012 konnten u. a. durch die Unterstützung unseres Freundes- und Förderkreises bereits zwei Studien angekauft werden. Die Qualität der neu erworbenen Zeichnung steht außer jedem Zweifel. Mit dem Konvolut des bedeutenden Gemäldes und nunmehr drei dazugehörigen Zeichnungen kann das Kunstmuseum Moritzburg Halle (Saale) dauerhaft einen in- teressanten Blick in das Schaffen Gustav Klimts geben – und somit etwas vom Erfolg der großen Ausstellung im vergangenen Jahr verstetigen und in der Sammlung dauerhaft abbilden. Ich danke der Ostdeutschen Sparkassenstiftung und der Stiftung der Saalesparkasse aufrichtig für diese großartige Möglichkeit“, so Thomas Bauer-Friedrich,Direktor Kunstmuseum Moritzburg Halle (Saale).

Hintergrund
Zu den stark beachteten und besonders wertvollen Damenporträts des Künstlers zählt das Bildnis Marie Henneberg (1901/02), welches sich seit 1966 zunächst als Leihgabe aus Leipziger Privatbesitz im Kunstmuseum Moritzburg Halle (Saale) befand und 1979 durch Ankauf in das Eigen- tum des Museums überging. Es ist eines von nur vier Gemälden des Künstlers, die sich in deutschen Sammlungen befinden. Die drei übrigen Gemälde sind Eigentum der Staatlichen Kunstsammlungen Dresden und der Bayerischen Staatsgemäldesammlungen, München.

Bereits in der 13. Ausstellung der Wiener Secession (Februar–März 1902) wurde das Gemälde im noch unvollendeten Zustand das erste Mal öffentlich präsentiert und reüssierte bis 1918 immer wieder auf Ausstellungen, bis es nach seinem ersten Besitzerwechsel in den 1920er Jahren bis in die 1990er Jahre kaum noch öffentlich wahrnehmbar war.

In der Mehrzahl der wenigen erhaltenen Zeichnungen zu diesem Gemälde (im Werkverzeichnis der Zeichnungen des Künstlers von Alice Strobl sind 9 Blätter aufgeführt) ist die Porträtierte sitzend im Lehnstuhl festgehalten. In den zwei mit wenigen Kreidestrichen angelegten Skizzen der nach rechts gewandten Marie Henneberg (beide Werke wurden 2012 zum einen durch die Freunde und Förderer des Kunstmuseums Moritzburg Halle [Saale] e. V. mit nachfolgender Schenkung an das Museum sowie zum anderen durch das Museum selbst aus Privat- besitz erworben) wird die Sitzposition zu einem Schwebezustand, denn das Sitzmöbel ist nur in Kenntnis des Ölbildes gedanklich zu ergänzen. Mit diesen Arbeiten erprobte der Künstler die finale Komposition des Gemäldes, in dem die Dargestellte in leichter Diagonale zum das Bild beherrschenden Motiv wird, während die Raumsituation einschließlich des Sessels bewusst diffus bleibt.

Die neu erworbene Studie „zeugt von Klimts besonderem Talent, das jeweils Wesentliche der serienweise erprobten Stellungen seiner ver- mögenden Auftraggeberinnen prägnant zu erfassen. Mit dem zunächst zarten, dann zunehmend kräftigeren Druck seiner Kreide tastet sich der Zeichner an die Gesamterscheinung der sichtlich entspannt Posierenden heran: Unmittelbar nachvollziehen lässt sich die lebhafte Interaktion zwischen dem zart gezeichneten Grundgerüst und dem energischen Linienspiel der Bekleidung und der bequem ruhenden Arme. Mit sparsamen Strichen registriert Klimt die verträumte Mimik des leicht nach links geneigten Gesichts. Insgesamt halten sich Spontaneität und vornehme Distanz die Waage. Durch die Zusammenführung [des Gemäldes mit den Studien ergänzen] sich der strahlende, repräsentative Charakter [von Klimts] Porträtmalerei und die subtile Intimität seiner zeichnerischen Produktion auf ideale Weise. Über ihre Verbundenheit mit dem Hauptwerk hinaus kann die Studie als exzellentes Beispiel von Klimts einmaliger Linienkunst bezeichnet werden.“ (Dr. Marian Bisanz-Prakken, Albertina, Wien)