Bibliophile Raritäten an historischen Ort zurückgekehrt

Die Ostdeutsche Sparkassenstiftung gemeinsam mit der Harzsparkasse unterstützen außergewöhnlichen Buchankauf für das Schloss Wernigerode

Wernigerode, 14.01.2019. Mit dem heutigen Tag konnten der Öffentlichkeit wertvolle Sammlungstücke der ehemaligen fürstlich Stolberg-Wernigerödischen Bibliothek im Schloß Wernigerode präsentiert werden. Mit Hilfe der Kulturstiftung der Länder, der Ostdeutschen Sparkassenstiftung gemeinsam mit der Harzsparkasse sowie durch die Unterstützung der Gesellschaft der Freunde des Schlosses Wernigerode und Eigenmitteln der Schloß Wernigerode GmbH ist es gelungen, einen bedeutenden Bücherankauf zu finanzieren.

Dr. Michael Ermrich, Vorstandsvorsitzender der Ostdeutschen Sparkassenstiftung und Geschäftsführender Präsident des Ostdeutschen Sparkassenverbandes, würdigte den Ankauf: „Die Stolberg-Wernigeröder Schlossbibliothek, von der Teile in der wirtschaftlichen Depression der 1920er Jahre verkauft werden mussten, steht exemplarisch für Blüte und auch Krisenzeiten Wernigerodes. Sie steht zugleich für den offenen und universalen Geist, in welchem die Bibliothek einst erweitert wurde. Die Ostdeutsche Sparkassenstiftung freut sich gemeinsam mit der Harzsparkasse, dass mit dem Rückerwerb des historischen Bücherschatzes ein wichtiges Kapitel der Geistes- und Bildungsgeschichte Sachsen-Anhalts noch erlebbarer wird.“

Die ehemalige gräflich Stolberg-Wernigerödische Bibliothek auf Schloß Wernigerode gehörte noch um die Wende vom 19. zum 20. Jahrhundert zu den erlesensten und landesweit herausragenden Privatbibliotheken im nord- und mitteldeutschen Raum. Eine Abteilung, das Spezialsammelgebiet von Graf Christian Ernst zu Stolberg-Wernigerode (1691-1771) zu Bibeln, evangelischen Gesangbüchern und anderen theologischen Werken, hatte Weltrang und enthielt bis zum Teilverkauf der Buchsammlung durch den beauftragten Martin Breslauer ab 1932 die größte hymnologische Spezialbibliothek in Deutschland. Dies ist nur ein Aspekt der hochinteressanten Geschichte der Bibliothek bzw. ihrer gesammelten Werke. Durch die Ereignisse nach 1945 und 1990 existiert die Schloßbibliothek in dem Sinne heute nicht mehr.

Um so erfreulicher und bedeutender kann der Ankauf für die Schloß Wernigerode GmbH von über 50 Bänden, größtenteils aus dem 18. Jahrhundert, die einst zur Stolberg-Wernigerödischen Bibliothek gehörten, gewertet werden. Dabei ist sowohl das Konvolut als Ganzes als auch einzelne herausragende Werke wie der Sammelband zur „Jenaer Christnacht-Tragödie“ von 1716 von Bedeutung. Zu finden sind dabei absolute Raritäten, die wenn überhaupt nur einmal an anderen Standorten nachweisbar sind. Neben dem Exlibris ist es vor allem die charakteristische Pergamenteinbindung der Grafenbibliothek, die einen haptischen Eindruck der ehemals 135.000 Bände umfassenden gräflichen Buchsammlung vermittelt.

Die Buchexemplare datieren vornehmlich aus einer Epoche, die mit einer besonderen Glanzzeit der Bibliothek verbunden sind. Nicht nur das oben genannter Graf Christian Ernst die Sammlung erheblich und gezielt erweiterte und mit den Geistesgrößen seiner Zeit regen Austausch hatte, sondern ganz im Sinne der Aufklärung die Bibliothek auch der Öffentlichkeit zugänglich machte.

„Freier Zugang zu Wissen: Bereits 1746 öffnete Graf Christian Ernst zu Stolberg-Wernigerode seine Bibliothek für interessierte Besucherinnen und Besucher. Teile dieser durch wirtschaftliche und politische Erschütterungen zerschlagenen Sammlung stehen der Öffentlichkeit wie der Forschung nun wieder vor Ort zur Verfügung“, sagte Prof. Dr. Markus Hilgert, Generalsekretär der Kulturstiftung der Länder, „Die Wiederherstellung historisch gewachsener Ensembles verstehen wir als wichtigen Teil unseres Auftrags. In der Zusammenschau von Architektur, Interieur und Wissensträgern wie den Büchern erschließt sich der Kosmos des Harz-Schlosses jetzt wieder.“ Die Kulturstiftung der Länder war ganz maßgeblich am Erwerb mit beteiligt.

Schlossdirektor Dr. Christian Juranek betonte, „dass die spannende Aufgabe der Tiefenerschließung der Objekte noch etwas Zeit erfordern wird“, sprach aber gleichzeitig die Einladung aus, dass die Bücher „gerne für die Wissenschaft jederzeit zur Verfügung stehen.“ Der Ankauf wird in den kommenden Wochen – passenderweise in den originalen Bücherschränken der 1920er Jahre – in der sogenannten Neuen Bibliothek im Schlossrundgang präsentiert, um die Besucher über diesen fulminanten Neuerwerb zu informieren.